In der Wochenend-Ausgabe der jungen Welt findet sich eine Rezension zu meinem zweiten Roman. Finde ich gut. Das Foto ist von geschätzt vor zehn Jahren. Ich sehe zwar seit dem Millennium so aus, aber das Nicki hatte ich etwa 2014 manchmal an. Mein Sohn hat das Foto geschossen und ist inzwischen ausgezogen, weil ich mich so unnatürlich in der Wohnung positionierte. Doch wie kam das Foto zur Zeitung?
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Wir warten auf die Fußball-EM-Endrunde
Heute schon wissen, was morgen in der Zeitung steht. Ein Text über zwei Spiele, bei denen ich nicht war. Eine Kolumne, die der Fußball-Woche-Leser aus der Hauptstadt des Endrundengastgeberlandes nicht braucht, aber die Leserschaft der jungen Welt. 🙂
Sechs Minuten Glückseligkeit
Freundliche Sonne und leichter Wind sorgen für bestes Fußballwetter, am Tag der Entscheidung in der fünftklassigen Oberliga NOFV Nord. Im Fernduell ringen Tabellenführer Hertha 03 Zehlendorf und Lichtenberg 47 um die Tabellenspitze, um den direkten Aufstieg in die Regionalliga Nordost. Zehlendorf führt mit einem Punkt Vorsprung, doch ein Sieg bei Optik Rathenow ist Pflicht. Dass der gelingen kann, wissen mindestens die 222 mitgereisten Unterstützer unter den 450 Zuschauern. Lichtenberg tritt im heimischen Stadion vor 1.000 Zuschauern gegen die TSG Neustrelitz an. Beide Titelaspiranten verzeichneten zuletzt einige Kantersiege gegen die Konkurrenz aus nah und fern. Das erste direkte Duell ging am 2. Spieltag 2:1 für Hertha aus, das Rückspiel endete 1:1 und Ende März gewann 47 das Viertelfinalspiel im Berlin-Pokal mit 2:1. Zehlendorf verlor im Laufe der Saison nur ein Spiel, Lichtenberg dagegen zwei. Alles Schnee von gestern. Die alles entscheidenden Spiele beginnen am Sonnabend zeitgleich um 14 Uhr, im Rathenower Stadion am Vogelsang und im Lichtenberger Hans-Zoschke-Stadion. Das aus den Tagen vor dem Millennium bekannte Muschelbubu in den höheren Ligen soll möglichst ausgeschlossen werden. 14 Uhr 17 geht Lichtenberg in Führung, 14 Uhr 23 gleicht Neustrelitz aus. Für sechs Minuten darf sich der Vorjahresabsteiger aus der Regionalliga als Wiederaufsteiger wähnen. Zehlendorf trifft nach einer halben Stunde und baut die Führung bis zur 48. Spielminute auf ein 3:0 aus. Alles scheint gelaufen. Doch nach einer knappen Stunde keimt Hoffnung in Lichtenberg auf, da man 3:1 führt und Rathenow gegen Zehlendorf auf 2:3 heranrückt. Dem bis dahin dösenden Fuchs auf der Tribüne gegenüber wird es zu unruhig. Er verabschiedet sich vorzeitig. Für 25 Minuten darf in Lichtenberg auf eine Sensation am schönen Rathenower See gehofft werden, bevor die zumeist konzentriert, auftretenden Herthaner dort in der 85. Spielminute ein 4. Tor schießen. Das Internet lässt die Fans der 47er zeitnah am Moment des Grauens teilhaben. In Lichtenberg wird der Vizemeister dennoch gefeiert, denn über kurz oder lang wird es mit dem Verein aus einem der schönsten Fußballstadien der Stadt wieder aufwärts gehen. Vorerst hat der etwas größere Fußball die kleine Hertha aus dem Südwesten der Hauptstadt wieder, den alten Fußball-Adel, der bis zur Saison 1997/98 in der Regionalliga auf die einstigen Urgesteine der DDR-Oberliga traf, bevor er für zweieinhalb Jahrzehnte in den Niederungen des Spielbetriebs rangierte, bis runter in der sechstklassigen Berlin-Liga. Herzlich willkommen in der Regionalliga Nordost!
Leute!
Wir haben bereits die Halbzeitpause zwischen meinem Buchveröffentlichungsabend und dem Fußball-EM-Endrundenstart hinter uns. Das Verhältnis der verkauften „Berlin Nordost Blues“-Exemplare bei den Solo-Lesungen gegenüber bei den Lesebühnengastspielchen beträgt etwa 30:1. Einige Leute haben die 200 Seiten innerhalb von zwei, drei Tagen ausgelesen. Prima. WhatsApp hält mich auf dem Laufenden. Mindestens eine Buch-Rezension ist nach meinem Kenntnisstand bereits im Kasten, doch die Medien müssen bis Silvester über Franz Kafka berichten. Am Mittwoch dem 12. Juni bin ich ab 19 Uhr in der Ventil-Buchhandlung in der Florastraße in Pankow zu Gast. Ich werde kämpfen, ihr könnt kucken.
Vorfreude
Ich habe für die Kindertag-Beilage der jungen Welt einen Text abgegeben und bin davon ausgegangen, dass diese Beilage am 1. Juni erscheint, aber die kam schon gestern. Hm, von mir aus gerne. Ist wohl wie bei den Eltern, die den 1. Mai nicht abwarten können und einen auf Walpurgisnacht machen. Heute wird wegen Fronleichnam gebimmelt. Mir sind diese Feier- und Gedenktage weitestgehend schnuppe. Gestern waren Flo, Uwe, Bornemann und ich in Altona beim Relegationsspiel gegen den SV Todesfelde. Vor 4.116 gab es ein dramatisches 3:5. Nur einmal lag der AFC, der mit zwei Toren Vorsprung gewinnen wollte, in Führung, nämlich kurz vor der Pause mit 3:2. Es war was los an der Adolf-Jäger-Kampfbahn, bei den sonst so taffen Norddeutschen. Es herrschte eine engagierte und positive Dauerunterstützung, denn gegenüber den Gästen aus Schleswig-Holstein war man schließlich Südländer. Todesfelde ist ein Dorf mit nicht einmal 1.111 Einwohnern, aber da sie die Zervelatwurst nicht mit ´nem Bärchen-Bildchen herstellen, sondern mit dem eines Traktors, sind sie schwer im Geschäft. Jeder dritte Einwohner war in Altona dabei und durfte früher als erwartet den Aufstieg in die Regionalliga Nord feiern, da das erste Spiel in dieser Dreiergruppe zwischen Werder II und Altona 1:0 ausging. Der AFC bleibt also in der fünftklassigen S-Bahnliga. Tipp für die kommende Saison: Mit Abwehr spielen. Nun ja, am Vereinsheim mit den beiden old-school-Single-Vinyl-DJs gab es reichlich Trauerbier. Und direkt davor parkte der pompöse Bus der Gäste. Unsere Südländer beschränkten sich auf´s wundern. Das Lärmgerät des Gästetrommlers lag scheinbar unbeaufsichtigt vor dem Bus. Man hätte das Ding flott in eine IKEA-Tasche packen können, um es zu Hause zu den anderen Beutestücken zu platzieren. Spannend. Ob demnächst in Hohenschönhausen der Bus von Leipzig oder Babelsberg direkt zwischen Vereinsheim und Fanartikelstand parkt? Morgen bin ich übrigens ab 19 Uhr in Schmachtenhagen als Autor am Start, bevor Vorsicht Stufe! einen auf ABBA des Oi! Punk machen. Kindertag? Wir feiern rein!
Endlich 65!
Neues aus Bornholm (fast)
Letzten Freitag, Buchvorstellung im Periplaneta Verlagscafé in der Bornholmer Straße. Ausverkaufte Sause, gute Stimmung. Sensationell finde ich, dass die Leute 13 Jahre nach „Bambule Berlin“ noch an den alten Gläsernikov glauben. Habe eine Sonnenblume geschenkt bekommen und eine Anstecknadel: Berlin – Hauptstadt der DDR. Für das Knopfloch und den Kragen. Besten Dank! Gitarrero Jan von Im Ich konnte mindestens meine Schwester als Fan dazu gewinnen. Keiner hat gemuckt. Jeder Zweite kaufte wohl auch ein Buch. Habe ich nicht genau beobachtet, weil ich beim Bücher-signieren immer gleich ein Selbstportrait mit reingekrakelt habe. Danach ein Dutzend Gruppenfotos vor dem Café, noch drei kleine Biere in der Bornholmer Hütte und ein Großes in Speiches Blueskneipe. Hat gereicht, war wohl auch schon wieder Sonnabend. Heute bin ich im Schokoladen Mitte bei LSD zu Gast, und am Sonnabend trete ich im Olympiastadion beim DFB-Pokalfinale zwischen Leverkusen und Kaiserslautern … beim Kantinenlesen in Prenzlauer Berg auf. Nun ja, hier ist meine Kolumne aus der jungen Welt von heute, noch mit Rechtschreibfehlern:
Hubschrauber-Einsatz!
Was für ein Pfingstsonntag im Kiez meiner Kindheit. Letzter Spieltag in der viertklassigen Regionalliga Nordost. Im Cantianstadion spielte zwar weder Vorwärts noch Dynamo, doch Hertha II sollte Energie Cottbus empfangen. Würde die kleine Hertha für die Sensation sorgen können und die Lausitzer tollschocken, damit im fernen Greifswald die Meisterschaft und der Aufstieg in die 3. Bundesliga bejubelt werden könnte? Mindestens zwei Drittel der 10.000 Zuschauer schienen daran keinen Gedanken zu verschwenden, das ihre Elf den letzten notwendigen Punkt erringen wird, denn die Auftritte waren spätestens seit dem 1. April solide, inklusive der Siege über die Tabellennachbarn Greifswalder FC und BFC Dynamo. Im Prenzlauer Berg dominierte das Rot-Weiß der Energie-Fans. Familiär und friedlich ging es zu. Es gab keine Gegenveranstaltung. Trotzdem war der Straßenbahnverkehr von den Sicherheitsorganen lahmgelegt worden. Am Himmel lärmte ein Hubschrauber vor sich hin. Es hatte was von einer Übung für die kommende Europa-Meisterschaftsendrunde, nur halt ohne einen unsportlich agierenden Mob irgendeines Gegners. Im Stadion herrschte gute Laune. Ein beliebtes Fotomotiv waren die nahe der Max-Schmeling-Halle grasenden Schafe. Das Bier kostete unfaire 5 Euro, die Schand-Bulette war ohne Zwiebeln. In der 10. Spielminute hätte Hertha einen Handelfmeter zugesprochen bekommen müssen, doch der Linienrichter zuckte mit den Schultern, eine weitere offizielle Beobachterin stand eher zur Dekoration da. Ein neben uns Feiernder hatte die fragliche Szene auf dem Handy und zeigte sie den unterschiedlichen Fans, die alle der selben Meinung waren: Klarer Elfer! Der kleinen Hertha schien der Zahn gezogen worden zu sein. Wenige Minuten später erzielte Cottbus die Führung. Die Normalität nahm ihren Lauf. Der Stadionsprecher sagte das Tor nicht an, auch nicht das zweite zum 0:2, acht Minuten später. Dafür salbaderte er vom vermutlich ausverkauften Stadion. Der Schiedsrichter wollte kein Spielverderber sein, er ahndete das hohe Bein eines Cottbusers gegen einen Herthaner nicht mit Gelb. Die zweite Halbzeit verlief unspektakulär. Die spannendsten Fragen lauteten: Warum sind auf der Haupttribüne alle Zugänge zu den Toiletten verschlossen und wo ist Rumpelstilzchen Wollitz? Der für die Bank gesperrte Gästetrainer müsste doch unter uns auf der Haupttribüne auszumachen sein. Die Auflagen besagten, dass er auch nach dem Abpfiff ein halbes Stündchen warten müsse, bevor er den Platz betritt. Das Fan-Volk jubelte also erst einmal ohne den Trainer auf dem Rasen. Voll das sichere Konzept, Alter! Greifswald gewann 4:1 gegen Meuselwitz. Amen.
Meine erste Single-Auskopplung heißt ehrlich gesagt nur Kapitel 12
In der aktuellen Wochenendausgabe der jungen Welt findet sich auf den Seiten 1 und 3 des Hauptteils 6 und 7 der faulheit-und-arbeit-Beilage ein Großteil des 12. Kapitels meines Romans. 16.000 Zeichen. Es ist der weitestgehend in sich geschlossene Teil zu meiner Pförtnerkarriere. Ich habe ihn schon auf einigen Bühnen vorgelesen, er eignet sich wunderbar als erste Single meines Albums, wie ich finde. Doch unter uns, die Überschrift lautet nicht Kapitel 12, sondern „Es lebe der heitere Klassismus!“ Wenn ich darauf gekommen wäre, ein anderes Kapitel für die ABC-Waffen der jungen Welt auszuwählen, hätte die Überschrift natürlich genauso gelautet. Es ist nämlich der Untertitel, der mir zu spät für den „Berlin Nordost Blues“ einfiel. Aber mal forschen, vielleicht katapultieren diese 16.000 Zeichen mich für zwei Stunden vom sechsstelligen in den fünfstelligen Bereich der Amadings-Charts. Die Veröffentlichungssause am 17.5. ist ausverkauft. Von den Büchern gibt es ungefähr noch 444.
Unverhofft kommt oft. So auch die Elektropost von Ahne, mitsamt dem Anhang. Ich hatte die Ehre, seine Novelle vorab lesen zu dürfen. „Reinhard Lauck – Einer von uns“. Das Büchlein ist eigentlich schon fertig, soll aber erst im Herbst erscheinen, wenn ich das richtig behalten habe. Im Text geht es um zwei ungleiche Freunde, die Anfang der ´80er zum BFC gehen und fast auch in den Westen. Liest sich wie Alfons Zitterbacke auf Speed!
Altona, südlich von Schweden
Heute schon wissen, was morgen in der Zeitung über vorgestern steht:
Neulich sind wir fix mit dem Flix nach Hamburg gefahren, wo der Besuch eines fünftklassigen Oberliga-Spiels lockte. Altona 93 gegen Hamburg-Eimsbüttel BC. Erster gegen Vierter. Schwarz-Weiß-Rot gegen Lila-Weiß. Es herrschten frühlingshafte Temperaturen, für nordische Verhältnisse fast schon Sommerliche. Das Spiel war kein rauschendes Fest, dafür ist der AFC auch nicht bekannt; doch die knapp 2.000 Zuschauer hatten gute Laune, ich möchte behaupten, alle durchweg. Auch als wir unsere Berlin-Fahne am Zaun anbrachten, denn die trägt immerhin die AFC-Farben. Mit der Vereinsvorliebe in unserer Hauptstadt wollten wir die Gastfreundschaft nicht unnötig strapazieren. Zwei, drei subtilere BFC-Dynamo-Utensilien mussten genügen. In der Adolf-Jäger-Kampfbahn tragen viele Menschen gerne ihre AFC-fernen Klamotten zur Schau, allen voran die Leute vom FC St. Pauli, was den uns bekannten AFC-Fans schnuppe ist, sie tendierten früher zum HSV. Gut so. Wir tranken Bier und wurden mehrfach von jugendlichen AFC-Spielerinnen gebeten, die Becher zu spenden, denn sie sammelten für eine Reise nach Schweden. Prima ist auch das schöne Programmheft, das gab es umsonst, mit einer Titelgeschichte über Jonathan Tah, dem Meister aus Altona, der jetzt in Leverkusen für Furore sorgt. In anderen Stadien kosten die Hefte 2 Euro und sind die reinste Werbewüste, mit wenigen redaktionellen Beiträgen – falls dieses Kulturgut überhaupt noch existent ist. Beim AFC hält man es mit der Tradition und möchte eigentlich auch in der Kampfbahn bleiben. Doch auf dem Gelände sollen in absehbarer Zeit Wohnhäuser hochgezogen werden. Der Verein bekommt ein neues Stadion, halbwegs im vertrauten Stadtteil, etwa 3,5 Kilometer entfernt, für 5.000 Zuschauer. Eng, steil und laut soll es sein. Ein Stadion, von dem man bei Hertha BSC träumt, mit einer Null hinten dran. Zum 31. Dezember 2026 soll das Stadion fertig sein. Die Pläne seien ausgearbeitet, doch laut beobachtenden Fans täte sich auf der Baustelle nichts. Diese Aussagen klingen fast wie vor fünf Jahren, doch der Altonaer bleibt gelassen. Wir tranken Bier, immer schneller, denn die Deerns sammelten fleißig. Auf dem Rasen ging es solide zur Sache. Ein mühsames 1:0 wurde bejubelt. Frei nach dem Motto: Kraft statt Kunst. Der AFC möchte aus dieser S-Bahn-Liga heraus in die Regionalliga Nord aufsteigen. Zwischen dem 24.5. und 2.6. steigen die Relegationsspiele gegen Werder Bremen II und SV Todesfelde. Spannend, spannend. Erstmal Bier kaufen und trinken, oder gleich wegkippen, denn da waren schon wieder die Sammlerinnen. Einige Freaks forderten sich gegenseitig auf: Gib mal den Becher, ich will nach Schweden!
P.S.: Unter Werke gibt es jetzt eine Seite zum Buch Berlin Nordost Blues.