Ich habe ein bisschen aufgeräumt, in der heimischen Wohnung, und im weltweiten Netz. Mal den Fußboden und das Bad geschrubbt, und die farbenfrohen Fußballschals aus dem Schrank, die ich sowieso nicht anziehe, lebensklug über dem Schreibtisch angebracht. Trage nämlich nur noch Seidenschärpen. Da kommt Freude auf. Habe den Zettel- und Aktenkram sortiert, und einiges entsorgt. All die Arbeitsverträge aus den Jahren 1789 bis 2024 zum Beispiel. Und als ob mich das Schicksal dafür belohnen wollte, erledigte ein lustiger Fußballkumpan für mich mit einigen gekonnten Klicks den Ämterkram überaus zufriedenstellend. Ich habe mich am Heimcomputer bei Facebook abgemeldet, dort könnt ihr mich mal. Wobei ich diese Abmeldung auf meinem Taschentelefon noch nicht hinbekommen habe. Manchmal düdelt es und signalisiert, wer wessen Kommentar kommentiert hätte. Im Forum des Grauens lese ich die am meisten frequentierten Threads schon lange nicht mehr. Wo BFC Dynamo draufsteht, sollte nicht zu viel Politik drinnen stecken. Seit September 2024 gebe ich mir das nicht mehr, seitdem ich nahezu jede Woche für 30 Minuten zum Klavierunterricht gehe, und den Stoff „zwischen den Stunden“ zu festigen versuche. Ein Vierteljahr gebe ich mir noch diese Tortour, dann will ich das „Lernen lernen“ gelernt haben, mit den kryptischen Anleitungen im Netz und in den Büchern umzugehen wissen. Wie in der Schule damals, erst das Lesen und Schreiben lernen, mich mit Diktaten und Aufsätzen mühen, um irgendwann meinen Kram zu schreiben. Ob ich noch mal einen Roman schreibe? Mir geht es ohne einen derartigen Sackstand einfach zu gut. Hier ist meine Unterklassen-Kolumne für die morgige junge Welt:
Von Lankwitz bis Verden, überall Wunder
Vor knapp zwei Wochen rollten wir zum Aufstiegsrundenknaller an der Adolf-Jäger-Kampfbahn an. Altona 93 empfing vor 4.700 Zuschauern den SV Hemelingen aus Bremen. Blöderweise parkte der Gästespielerbus direkt vor dem Biergarten der Einheimischen, was von den AFC-Anhängern mit einer sensationellen Gelassenheit hingenommen wurde. Seit über zehn Jahren gilt dieser Platz als Parkie, das fällt aber nicht auf, weil in der fünftklassigen S-Bahn-Liga Hamburg niemand mit dem Spielerbus anrückt. Jedenfalls kämpften vier Vereine um einen der ersten beiden Plätze, um in die viertklassige Regionalliga Nord aufzusteigen; neben den Erwähnten waren das noch der Heider SV aus Schleswig-Holstein und der FC Schöningen aus Niedersachsen. Letzterer ging als Zweitplatzierter seiner Staffel ins Rennen, da sich der Hannoverscher SC als Meister bereits qualifiziert hatte. Zwischen dem AFC und dem SVH ging es kampfbetont zur Sache. Zweimal führte die Heimmannschaft, doch kurz vor Schluss fraß man den 2:2-Ausgleich. Einige Tage später nahm das Unglück seinen Lauf, der AFC verlor als namhafter Gruppenfavorit beim Heider SV schmeichelhaft mit 2:1. Der FC Schöningen dagegen hatte mit seinem zweiten Sieg bereits das Aufstiegsticket gelöst. 2:1 gegen Heide, 4:0 in Hemingen. Verrückte Welt. Einen Tag zuvor traf in Berlin-Lankwitz der BFC Preussen auf Eintracht Mahlsdorf. Die Gäste führten knapp in der fünftklassigen Oberliga NOFV-Nord. Ein Unentschieden genügte ihnen für den direkten Aufstieg in die Regionalliga Nordost. In der 95. Spielminute knallte der Fernschuss eines Preussen von der Lattenunterkante auf die Torlinie und von dort aus zurück ins Spielfeld. Der Linienrichter signalisierte per Tatsachenentscheidung auf Tor, auch ein später aufgetauchtes Video sollte den Eindruck vermitteln, der Ball wäre zum 1:0 hinter der Linie gewesen. Nur ein Fake? Auf der Seite vom Postillion gab es ein Foto, auf dem sich der Ball sogar hinter dem Tor befand. Derart eingestimmt, nahmen wir am letzten Mittwoch die Mini-Chance von Altona 93 ins Visier. Am dritten und letzten Spieltag musste auf neutralem Boden in Verden gegen Schöningen gewonnen werden, während Heide in Hamburg gegen Hemelingen eben nicht drei Punkte einfahren durfte. Das Wunder von Verden wurde per 2:0-Sieg bewerkstelligt, während an der Elbe kein Tor fiel. In der kommenden Saison werden in Altona die Gästebusse aus Lübeck, Meppen und Emden müffelnd und protzend vor der Kampfbahn parken. Oh je.