Der Kaiser vom Knochenberg lebe hoch!

24. Juni 2024

Doktor Karsten Krampitz, bekannt als Miterfinder der Trinkerklappe und Forscher zum Leben und Sterben von Pfarrer Oskar Brüsewitz, sowie als Schreiber solcher Werke wie Affentöter und Der Kaiser vom Knochenberg, hat für die heutige Ausgabe vom ND meinen Roman rezensiert.

1:1

17. Juni 2024

Schon heute wissen, was morgen in der Zeitung steht:

Hú! Färöer! B 36 Torshavn gegen B 68 Toftir. Der Sechste traf auf den Neunten im Zehnerfeld in der erstklassigen Betrideildin. Ja, so viel muss man wissen: Es gibt zwei direkte Ab- und Aufsteiger, wie auch in der jeweils eingleisigen 2. und 3. Liga. Unterhalb der 4. Liga mit zwei Staffeln folgt der Straßen- und Strandfußball. Das konnte ich erforschen, obwohl die Sprache der Färöer eine der wenigen ist, die google nicht zu übersetzen vermag. Unter den 50.000 Menschen leben 1.500 Fußballer. Als ich in Torshavn City nach dem Austragungsort des Knallers fragte, bekam ich einen freundlich-dreinschauenden Fisch geschenkt. Ich konnte nichts mehr für ihn tun und legte ihn am Backwarenstand zur letzten Ruhe ab. In der 13.000-Einwohnern-Stadt, auf der größten der fünf Inseln, gibt es sogar mehr Menschen als Schafe. Doch selbst hier begegneten mir unvermittelt einige Vierbeiner, derer es 80.000 auf den Färöern geben soll. Am Stadioneingang trottete eines dieser Wesen neben mir her. Es gehörte wohl zur Gruppe, die auf dem flachen Stadiondach das Gras niedrig hielt. Doch an Spieltagen schlendern auch einige Schnorrer über die eigens für die Schafe angelegte Rampe auf das Dach, um sich das ohnehin niedrige Eintrittsgeld zu sparen. Ich gesellte mich unter die 300 Zahlenden, womit der Zuspruch unter den durchschnittlichen 500 lag, trotz der erfrischenden 10 Grad Celsius, die hier schon Sommer bedeuteten. Ich gönnte mir ein Föroya Bjór, ein einheimisches Bier für 4 Euro. Als Snack gab es fermentiertes Fleisch. Schafsschinken mit guten Schimmelbakterien. Er stank ziemlich, anderseits wehte eine steife Brise. Der Färöer grinst sich dann einen und zeigt in irgendeine Himmelsrichtung, was so viel heißt wie: Viele Grüße nach Island, beziehungsweise Schottland oder Norwegen. Tja, gute oder schlechte Bakterien? Die schmeckten doch alle gleich. Und wie würde das Spiel ausgehen? Aus den 90 Spielminuten resultierte ein gerechtes 3:3 nach gelben Karten, ein 0:0 nach roten, ein 9:3 nach Ecken und ein 1:1 nach Toren. B 36 war in der 57. Spielminute durch Hannes Agnarsson in Führung gegangen, in der 60. glich Brian Jakobsen aus. Nordische Namen, die nicht nach Legionären klangen. Torshavn dominierte das Spiel, doch die Gäste aus Toftir ließen sich nicht verarschen. Sie waren durch die kürzeste Verbindung des Tunnelsystems von der Nachbar- auf die Hauptinsel gekommen. So gut kannten sie sich im 11 Kilometer umfassenden Esturoyartunnilin aus. Anders als die vielen internationalen Gäste, welchen man versprochen hatte, das Land zu zeigen. Doch dann lieferte man sie dem Kreisverkehr unterhalb des Meeresspiegels aus und konnte dank deren Tunnelkoller einige Ergebnisse verzeichnen, die in der weiten Fußballwelt aufhorchen ließen. Hú! Hú! Hú!

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15. Juni 2024

In der Wochenend-Ausgabe der jungen Welt findet sich eine Rezension zu meinem zweiten Roman. Finde ich gut. Das Foto ist von geschätzt vor zehn Jahren. Ich sehe zwar seit dem Millennium so aus, aber das Nicki hatte ich etwa 2014 manchmal an. Mein Sohn hat das Foto geschossen und ist inzwischen ausgezogen, weil ich mich so unnatürlich in der Wohnung positionierte. Doch wie kam das Foto zur Zeitung?

Wir warten auf die Fußball-EM-Endrunde

10. Juni 2024

Heute schon wissen, was morgen in der Zeitung steht. Ein Text über zwei Spiele, bei denen ich nicht war. Eine Kolumne, die der Fußball-Woche-Leser aus der Hauptstadt des Endrundengastgeberlandes nicht braucht, aber die Leserschaft der jungen Welt. 🙂

Sechs Minuten Glückseligkeit

Freundliche Sonne und leichter Wind sorgen für bestes Fußballwetter, am Tag der Entscheidung in der fünftklassigen Oberliga NOFV Nord. Im Fernduell ringen Tabellenführer Hertha 03 Zehlendorf und Lichtenberg 47 um die Tabellenspitze, um den direkten Aufstieg in die Regionalliga Nordost. Zehlendorf führt mit einem Punkt Vorsprung, doch ein Sieg bei Optik Rathenow ist Pflicht. Dass der gelingen kann, wissen mindestens die 222 mitgereisten Unterstützer unter den 450 Zuschauern. Lichtenberg tritt im heimischen Stadion vor 1.000 Zuschauern gegen die TSG Neustrelitz an. Beide Titelaspiranten verzeichneten zuletzt einige Kantersiege gegen die Konkurrenz aus nah und fern. Das erste direkte Duell ging am 2. Spieltag 2:1 für Hertha aus, das Rückspiel endete 1:1 und Ende März gewann 47 das Viertelfinalspiel im Berlin-Pokal mit 2:1. Zehlendorf verlor im Laufe der Saison nur ein Spiel, Lichtenberg dagegen zwei. Alles Schnee von gestern. Die alles entscheidenden Spiele beginnen am Sonnabend zeitgleich um 14 Uhr, im Rathenower Stadion am Vogelsang und im Lichtenberger Hans-Zoschke-Stadion. Das aus den Tagen vor dem Millennium bekannte Muschelbubu in den höheren Ligen soll möglichst ausgeschlossen werden. 14 Uhr 17 geht Lichtenberg in Führung, 14 Uhr 23 gleicht Neustrelitz aus. Für sechs Minuten darf sich der Vorjahresabsteiger aus der Regionalliga als Wiederaufsteiger wähnen. Zehlendorf trifft nach einer halben Stunde und baut die Führung bis zur 48. Spielminute auf ein 3:0 aus. Alles scheint gelaufen. Doch nach einer knappen Stunde keimt Hoffnung in Lichtenberg auf, da man 3:1 führt und Rathenow gegen Zehlendorf auf 2:3 heranrückt. Dem bis dahin dösenden Fuchs auf der Tribüne gegenüber wird es zu unruhig. Er verabschiedet sich vorzeitig. Für 25 Minuten darf in Lichtenberg auf eine Sensation am schönen Rathenower See gehofft werden, bevor die zumeist konzentriert, auftretenden Herthaner dort in der 85. Spielminute ein 4. Tor schießen. Das Internet lässt die Fans der 47er zeitnah am Moment des Grauens teilhaben. In Lichtenberg wird der Vizemeister dennoch gefeiert, denn über kurz oder lang wird es mit dem Verein aus einem der schönsten Fußballstadien der Stadt wieder aufwärts gehen. Vorerst hat der etwas größere Fußball die kleine Hertha aus dem Südwesten der Hauptstadt wieder, den alten Fußball-Adel, der bis zur Saison 1997/98 in der Regionalliga auf die einstigen Urgesteine der DDR-Oberliga traf, bevor er für zweieinhalb Jahrzehnte in den Niederungen des Spielbetriebs rangierte, bis runter in der sechstklassigen Berlin-Liga. Herzlich willkommen in der Regionalliga Nordost!

Leute!

6. Juni 2024

Wir haben bereits die Halbzeitpause zwischen meinem Buchveröffentlichungsabend und dem Fußball-EM-Endrundenstart hinter uns. Das Verhältnis der verkauften „Berlin Nordost Blues“-Exemplare bei den Solo-Lesungen gegenüber bei den Lesebühnengastspielchen beträgt etwa 30:1. Einige Leute haben die 200 Seiten innerhalb von zwei, drei Tagen ausgelesen. Prima. WhatsApp hält mich auf dem Laufenden. Mindestens eine Buch-Rezension ist nach meinem Kenntnisstand bereits im Kasten, doch die Medien müssen bis Silvester über Franz Kafka berichten. Am Mittwoch dem 12. Juni bin ich ab 19 Uhr in der Ventil-Buchhandlung in der Florastraße in Pankow zu Gast. Ich werde kämpfen, ihr könnt kucken.

Vorfreude

30. Mai 2024

Ich habe für die Kindertag-Beilage der jungen Welt einen Text abgegeben und bin davon ausgegangen, dass diese Beilage am 1. Juni erscheint, aber die kam schon gestern. Hm, von mir aus gerne. Ist wohl wie bei den Eltern, die den 1. Mai nicht abwarten können und einen auf Walpurgisnacht machen. Heute wird wegen Fronleichnam gebimmelt. Mir sind diese Feier- und Gedenktage weitestgehend schnuppe. Gestern waren Flo, Uwe, Bornemann und ich in Altona beim Relegationsspiel gegen den SV Todesfelde. Vor 4.116 gab es ein dramatisches 3:5. Nur einmal lag der AFC, der mit zwei Toren Vorsprung gewinnen wollte, in Führung, nämlich kurz vor der Pause mit 3:2. Es war was los an der Adolf-Jäger-Kampfbahn, bei den sonst so taffen Norddeutschen. Es herrschte eine engagierte und positive Dauerunterstützung, denn gegenüber den Gästen aus Schleswig-Holstein war man schließlich Südländer. Todesfelde ist ein Dorf mit nicht einmal 1.111 Einwohnern, aber da sie die Zervelatwurst nicht mit ´nem Bärchen-Bildchen herstellen, sondern mit dem eines Traktors, sind sie schwer im Geschäft. Jeder dritte Einwohner war in Altona dabei und durfte früher als erwartet den Aufstieg in die Regionalliga Nord feiern, da das erste Spiel in dieser Dreiergruppe zwischen Werder II und Altona 1:0 ausging. Der AFC bleibt also in der fünftklassigen S-Bahnliga. Tipp für die kommende Saison: Mit Abwehr spielen. Nun ja, am Vereinsheim mit den beiden old-school-Single-Vinyl-DJs gab es reichlich Trauerbier. Und direkt davor parkte der pompöse Bus der Gäste. Unsere Südländer beschränkten sich auf´s wundern. Das Lärmgerät des Gästetrommlers lag scheinbar unbeaufsichtigt vor dem Bus. Man hätte das Ding flott in eine IKEA-Tasche packen können, um es zu Hause zu den anderen Beutestücken zu platzieren. Spannend. Ob demnächst in Hohenschönhausen der Bus von Leipzig oder Babelsberg direkt zwischen Vereinsheim und Fanartikelstand parkt? Morgen bin ich übrigens ab 19 Uhr in Schmachtenhagen als Autor am Start, bevor Vorsicht Stufe! einen auf ABBA des Oi! Punk machen. Kindertag? Wir feiern rein!

Neues aus Bornholm (fast)

21. Mai 2024

Letzten Freitag, Buchvorstellung im Periplaneta Verlagscafé in der Bornholmer Straße. Ausverkaufte Sause, gute Stimmung. Sensationell finde ich, dass die Leute 13 Jahre nach „Bambule Berlin“ noch an den alten Gläsernikov glauben. Habe eine Sonnenblume geschenkt bekommen und eine Anstecknadel: Berlin – Hauptstadt der DDR. Für das Knopfloch und den Kragen. Besten Dank! Gitarrero Jan von Im Ich konnte mindestens meine Schwester als Fan dazu gewinnen. Keiner hat gemuckt. Jeder Zweite kaufte wohl auch ein Buch. Habe ich nicht genau beobachtet, weil ich beim Bücher-signieren immer gleich ein Selbstportrait mit reingekrakelt habe. Danach ein Dutzend Gruppenfotos vor dem Café, noch drei kleine Biere in der Bornholmer Hütte und ein Großes in Speiches Blueskneipe. Hat gereicht, war wohl auch schon wieder Sonnabend. Heute bin ich im Schokoladen Mitte bei LSD zu Gast, und am Sonnabend trete ich im Olympiastadion beim DFB-Pokalfinale zwischen Leverkusen und Kaiserslautern … beim Kantinenlesen in Prenzlauer Berg auf. Nun ja, hier ist meine Kolumne aus der jungen Welt von heute, noch mit Rechtschreibfehlern:

Hubschrauber-Einsatz! 

Was für ein Pfingstsonntag im Kiez meiner Kindheit. Letzter Spieltag in der viertklassigen Regionalliga Nordost. Im Cantianstadion spielte zwar weder Vorwärts noch Dynamo, doch Hertha II sollte Energie Cottbus empfangen. Würde die kleine Hertha für die Sensation sorgen können und die Lausitzer tollschocken, damit im fernen Greifswald die Meisterschaft und der Aufstieg in die 3. Bundesliga bejubelt werden könnte? Mindestens zwei Drittel der 10.000 Zuschauer schienen daran keinen Gedanken zu verschwenden, das ihre Elf den letzten notwendigen Punkt erringen wird, denn die Auftritte waren spätestens seit dem 1. April solide, inklusive der Siege über die Tabellennachbarn Greifswalder FC und BFC Dynamo. Im Prenzlauer Berg dominierte das Rot-Weiß der Energie-Fans. Familiär und friedlich ging es zu. Es gab keine Gegenveranstaltung. Trotzdem war der Straßenbahnverkehr von den Sicherheitsorganen lahmgelegt worden. Am Himmel lärmte ein Hubschrauber vor sich hin. Es hatte was von einer Übung für die kommende Europa-Meisterschaftsendrunde, nur halt ohne einen unsportlich agierenden Mob irgendeines Gegners. Im Stadion herrschte gute Laune. Ein beliebtes Fotomotiv waren die nahe der Max-Schmeling-Halle grasenden Schafe. Das Bier kostete unfaire 5 Euro, die Schand-Bulette war ohne Zwiebeln. In der 10. Spielminute hätte Hertha einen Handelfmeter zugesprochen bekommen müssen, doch der Linienrichter zuckte mit den Schultern, eine weitere offizielle Beobachterin stand eher zur Dekoration da. Ein neben uns Feiernder hatte die fragliche Szene auf dem Handy und zeigte sie den unterschiedlichen Fans, die alle der selben Meinung waren: Klarer Elfer! Der kleinen Hertha schien der Zahn gezogen worden zu sein. Wenige Minuten später erzielte Cottbus die Führung. Die Normalität nahm ihren Lauf. Der Stadionsprecher sagte das Tor nicht an, auch nicht das zweite zum 0:2, acht Minuten später. Dafür salbaderte er vom vermutlich ausverkauften Stadion. Der Schiedsrichter wollte kein Spielverderber sein, er ahndete das hohe Bein eines Cottbusers gegen einen Herthaner nicht mit Gelb. Die zweite Halbzeit verlief unspektakulär. Die spannendsten Fragen lauteten: Warum sind auf der Haupttribüne alle Zugänge zu den Toiletten verschlossen und wo ist Rumpelstilzchen Wollitz? Der für die Bank gesperrte Gästetrainer müsste doch unter uns auf der Haupttribüne auszumachen sein. Die Auflagen besagten, dass er auch nach dem Abpfiff ein halbes Stündchen warten müsse, bevor er den Platz betritt. Das Fan-Volk jubelte also erst einmal ohne den Trainer auf dem Rasen. Voll das sichere Konzept, Alter! Greifswald gewann 4:1 gegen Meuselwitz. Amen.