Letzten Freitag, Buchvorstellung im Periplaneta Verlagscafé in der Bornholmer Straße. Ausverkaufte Sause, gute Stimmung. Sensationell finde ich, dass die Leute 13 Jahre nach „Bambule Berlin“ noch an den alten Gläsernikov glauben. Habe eine Sonnenblume geschenkt bekommen und eine Anstecknadel: Berlin – Hauptstadt der DDR. Für das Knopfloch und den Kragen. Besten Dank! Gitarrero Jan von Im Ich konnte mindestens meine Schwester als Fan dazu gewinnen. Keiner hat gemuckt. Jeder Zweite kaufte wohl auch ein Buch. Habe ich nicht genau beobachtet, weil ich beim Bücher-signieren immer gleich ein Selbstportrait mit reingekrakelt habe. Danach ein Dutzend Gruppenfotos vor dem Café, noch drei kleine Biere in der Bornholmer Hütte und ein Großes in Speiches Blueskneipe. Hat gereicht, war wohl auch schon wieder Sonnabend. Heute bin ich im Schokoladen Mitte bei LSD zu Gast, und am Sonnabend trete ich im Olympiastadion beim DFB-Pokalfinale zwischen Leverkusen und Kaiserslautern … beim Kantinenlesen in Prenzlauer Berg auf. Nun ja, hier ist meine Kolumne aus der jungen Welt von heute, noch mit Rechtschreibfehlern:
Hubschrauber-Einsatz!
Was für ein Pfingstsonntag im Kiez meiner Kindheit. Letzter Spieltag in der viertklassigen Regionalliga Nordost. Im Cantianstadion spielte zwar weder Vorwärts noch Dynamo, doch Hertha II sollte Energie Cottbus empfangen. Würde die kleine Hertha für die Sensation sorgen können und die Lausitzer tollschocken, damit im fernen Greifswald die Meisterschaft und der Aufstieg in die 3. Bundesliga bejubelt werden könnte? Mindestens zwei Drittel der 10.000 Zuschauer schienen daran keinen Gedanken zu verschwenden, das ihre Elf den letzten notwendigen Punkt erringen wird, denn die Auftritte waren spätestens seit dem 1. April solide, inklusive der Siege über die Tabellennachbarn Greifswalder FC und BFC Dynamo. Im Prenzlauer Berg dominierte das Rot-Weiß der Energie-Fans. Familiär und friedlich ging es zu. Es gab keine Gegenveranstaltung. Trotzdem war der Straßenbahnverkehr von den Sicherheitsorganen lahmgelegt worden. Am Himmel lärmte ein Hubschrauber vor sich hin. Es hatte was von einer Übung für die kommende Europa-Meisterschaftsendrunde, nur halt ohne einen unsportlich agierenden Mob irgendeines Gegners. Im Stadion herrschte gute Laune. Ein beliebtes Fotomotiv waren die nahe der Max-Schmeling-Halle grasenden Schafe. Das Bier kostete unfaire 5 Euro, die Schand-Bulette war ohne Zwiebeln. In der 10. Spielminute hätte Hertha einen Handelfmeter zugesprochen bekommen müssen, doch der Linienrichter zuckte mit den Schultern, eine weitere offizielle Beobachterin stand eher zur Dekoration da. Ein neben uns Feiernder hatte die fragliche Szene auf dem Handy und zeigte sie den unterschiedlichen Fans, die alle der selben Meinung waren: Klarer Elfer! Der kleinen Hertha schien der Zahn gezogen worden zu sein. Wenige Minuten später erzielte Cottbus die Führung. Die Normalität nahm ihren Lauf. Der Stadionsprecher sagte das Tor nicht an, auch nicht das zweite zum 0:2, acht Minuten später. Dafür salbaderte er vom vermutlich ausverkauften Stadion. Der Schiedsrichter wollte kein Spielverderber sein, er ahndete das hohe Bein eines Cottbusers gegen einen Herthaner nicht mit Gelb. Die zweite Halbzeit verlief unspektakulär. Die spannendsten Fragen lauteten: Warum sind auf der Haupttribüne alle Zugänge zu den Toiletten verschlossen und wo ist Rumpelstilzchen Wollitz? Der für die Bank gesperrte Gästetrainer müsste doch unter uns auf der Haupttribüne auszumachen sein. Die Auflagen besagten, dass er auch nach dem Abpfiff ein halbes Stündchen warten müsse, bevor er den Platz betritt. Das Fan-Volk jubelte also erst einmal ohne den Trainer auf dem Rasen. Voll das sichere Konzept, Alter! Greifswald gewann 4:1 gegen Meuselwitz. Amen.