Nachgereicht, das Gespräch zwischen Ahne und mir aus dem Nische Fetzn, hier mit ohne Bilder. Speziell für Fans, die daran Interesse haben, die dem Herausgeber Schubi in den einschlägigen Stätten sogar begegnen, der aber nie Exemplare bei hat. So sicher auch heute im Panenka.
Wir sind Zwei von uns
Gespräch zwischen Ahne und Andreas Gläser
Gläser: Guten Tag Ahne. Mir geht’s gut, dir geht’s sehr gut, nehme ich mal an.
Ahne: Ja, ich hab ausgeschlafen und die Pubertätspickel sind auch weg, seit 40 Jahren.
Gläser: Dein Roman von vor zwei Jahren, – „Wie ich einmal lebte“ -, war das Werk, das dich wohl am meisten herausforderte, oder? Ich fand´s gut, endlich mal was Lustiges von unten. DDR-Alltag, ohne permanentes Stasi-Gebimmel. Ich hatte vermutet, es ginge für dich wieder so ab wie um 2000, als Presse und Verlage auf die Lesebühnen zugingen. Pustekuchen.
Ahne: Es gab immerhin eine Rezension in der Sächsischen Zeitung und im Blog von dir wurde das Buch lobend erwähnt. Nach der Verfilmung wird es sicher auch in der ‚Hörzu‘ besprochen, denke ich. Ob es das herausfordernste Werk war? Schwer zu sagen. Die Choreographie für die Bodenturnübung zu Musik im Sportunterricht der 10. Klasse war auch nicht ohne.
Gläser: Ich habe das Buch für das Neue Deutschland besprochen. Hat wohl niemand gelesen. Aktuell kam von dir „Reinhard Lauck – Einer von uns“, ein Fußball-Fan-Büchlein aus der Ikonen-Reihe. Gönnt man sich als Ahne-Anhänger, ist aber auch kein Befreiungsschlag für den Autor. Du verbuchst das wohl unter „Die Mühen der Ebenen“. Respekt.
Ahne: Willst du eins haben? Kostet nur 12 Euro. Zwei kriegste für 20, 100 Bücher schon für, äh, sagen wir 1.000? Da sparst du 200 Euro.
Gläser: Ich komme eventuell drauf zurück. Dann bekommen drei, vier Leute dein Buch zum Geburtstag. Stichwort: 33 Jahre Test A. Meistens waren sie ja faul, haben glaube ich mehr Merch als Vinyl rausgebracht. Hast du auch die Single „Jungs mit der Glatze“, oder wie die heißt?
Ahne: Die habe ich nicht. Aber ich habe die erste Platte der Puhdys und die Letzte von Goyko Schmidt. Wobei, wenn ich recht überlege, gab es nicht mal ’ne Split-Veröffentlichung Test A/Bombecks? War da ‚Jungs mit der Glatze‘ oder wie das heißt drauf? Nee, wa? Schade.
Gläser: Ja, gab es, die Split. Die Glatzenjungs sind aber auf der Single von Oi! Hammer, Mitte ´90er. Ehrliche Scheibe. Danach haben sie einige Jahrzehnte pausiert, mehr oder weniger. Was denkst du, hören die Herrschaften von Oi! The Nische heimlich?
Ahne: Heimlich? Dein Hörbuch ‚Zonenschläger‘ aus den späten Neunzigern? Unter der Bettdecke? Vorstellbar. Ansonsten wahrscheinlich die gröbsten Hits der 60’er bis 90’er und das Beste von heute. Legst du eigentlich noch Schallplatten auf?
Gläser: Ja, täglich bei mir zu Hause, und zwar ziemlich oft die Scheiben der Blues-Pianisten Memphis Slim und Champion Jack Dupree. Ahne, da du ziemlich gut singst, könntest du doch ne Band gründen und immer die selben Texte singen; müsstest dir nicht dauernd Prosa ausdenken. Woran hakt es?
Ahne: Dann musst du proben und mit den anderen Termine für ’s Proben finden. Außerdem hat meine Tochter gerade eine Band gegründet. Ich will nicht alles nachmachen, was meine Kinder machen. Allerdings, wenn wir zusammen ’ne Band gründen? Du spielst ja ziemlich gut Saxophon und Klavier. Klavier, Saxophon, Gesang, die klassische Besetzung. Wat meinste? Wir könnten uns ‚Die Klassiker‘ nennen oder ‚Die drei lustigen Zwei‘.
Gläser: Wir proben einfach an zwei, drei Wochentagen zwischen 15 und 18 Uhr. So kommen wir den Mitmietern im Übungsraum nicht in die Quere und können am Wochenende zum Fußball gehen. Ja, ich kann am Schlüsselbrett einige youtube-Übungen aneinanderreihen und manch Ahnungslosen foppen. Bandnamen? Gerne ohne der-die-das, und unlustig.
Ahne: ‚Drei unlustige Zwei‘? ‚Unlustig Klassiker‘? So werden wir die Jazz-Szene aufmischen! Auf Proben würde ich lieber verzichten. Dafür nutzen wir die Auftritte, das macht uns menschlich. Musst du eigentlich noch arbeiten gehen, nachdem du mit ‚Nordost-Blues‘ den wegweisenden Roman veröffentlicht hast oder lebst du inzwischen von den Zinsen für den Verkauf der Filmrechte? Ach, und wo wir schon dabei sind, ist dir aufgefallen, dass sich immer mehr Frauen ihre Lippen aufspritzen? Darf man das überhaupt noch sagen?
Gläser: Drei bis fünf Leute werden es gewesen sein, die den „Berlin Nordost Blues“ als meinen vorläufigen Zenit einordneten. Nicht mehr arbeiten gehen und berühmt sein, das funktioniert deshalb frühestens, wenn ich tot bin. Lippen-aufspritzen lassen ist jedenfalls noch offensichtlich hässlicher als Arsch-aufspritzen lassen. Muss man sagen. Und jetzt raus mit der Sprache: Deine erste gekaufte LP, dein erstes Konzert? Bei mir war es die LP von Glenn Miller, die mit der langweiligen grauen Hülle, die Aufnahmen in Mono. Ein vermeintlicher Fehlkauf, gleich zum Sammlerstart bin ich unglücklich aus dem Zentrum Warenhaus geschlurft. Doch die Platte ist topp, die habe ich natürlich noch. Mein erstes Konzert: 1980, Stern Combo Meißen im Pionierpark Ernst Thälmann, in der Wuhlheide. Ein Ausflug mit der Schulklasse, im Rahmen unseres FDJ-Studienjahres. Kultur kennenlernen, Lebensfreude tanken, um in die FDJ aufgenommen werden zu können. Die meisten Klassenkameraden sind zeitig abgehauen. Ich fand´s gut, aber nicht sehr gut. Vor dem Konzert war ich alleine in der Alten Försterei. Union gegen Stahl Riesa. 2:0, glaube ich. Die Union-Kinder in meiner Klasse wussten wohl nicht, wo sie spielen. Ich auch nicht, bin erst einmal durch den Wald geirrt. Habe einen Blau-Weißen getroffen, ihn gleich angekumpelt: „Ey, stark, Stahl Riesa!“ Hat er gemeint: „Nee, Hertha BSC. Aber ick nehm dich mit in den Union-Block.“ Ein denkwürdiger Tag, noch heute.
Ahne: Einmal Unioner, immer Unioner, oder? Mein erstes Fußballspiel war Einheit Karlshorst gegen Tiefbau Ost, da hab ich selber mitgespielt. Wir verloren in meiner Erinnerung zweistellig, was unter anderem daran gelegen haben mag, dass wir zweie weniger waren. Die mussten mit ihren Eltern am Wochenende auf ’s Grundstück und beim nächsten Training 30 Strafliegestütze machen. Meine erste Platte? ‚Heiß wie Schnee‘ von den Puhdys. Die Frau auf dem Cover sprach mich an. Mein erstes Konzert war auf jeden Fall eines vom Berliner Lehrerchor. Da sang Mutti mit. Das hat mich geprägt. Herr Gläser, ich danke ihnen für dieses interessante Gespräch. Oi!
Gläser: Oi!
