Die Hosen der Toten

19. Juni 2020

Neulich ausgelesen: „Die Hosen der Toten. Das große Finale von Trainspotting.“ Ein Roman von Irvine Welsh. Teil 3. Nummer 1 in England. Originaltitel: „Dead Men´s Trousers.“ Die Insulaner sind also alleine auf den doofen Titel gekommen. Liest sich locker an, aber nicht durch. Mark „Rent Boy“ ist DJ-Manager und besorgt seinen schüchternen Global Playern Koks und Frauen. Simon „Sick Boy“ unterhält einen Escort-Service, da geht’s auch drunter und drüber zu. Erst stehen die Frauen aufrecht, dann liegen sie flach. So läuft das in Schottistan. Die geilen Stellen sind eher so ungeil wie ARD und ZDF. Habe ich mitunter kursiv gelesen, auch mal überblättert. Bei all den Minikapiteln bekommt man aber schnell raus, welche 300 der 470 Seiten mehr versprechen. Man will ja wissen, wie die Verfilmung ungefähr aussieht. Ziemlich prima: Habenichts „Spud“ Murphy wird in den internationalen Organhandel eingeführt, doch den Behälter mit der Niere aus Osteuropa lässt er im Flugzeug während eines Toilettengangs unbeaufsichtigt. Der Behälter fällt runter, öffnet sich, sein Hündchen Toto beginnt zu knabbern. „Spud“ wird dieses Organ ersetzen müssen, mehr oder weniger freiwillig, und so nehmen ihm seine Freunde eine Niere heraus, nach youtube-Anleitung, irgendwo am Alex. So lieben wir Trainspotting, Part 3. „Franco“ Begbie, der alte Fiesling, lebt inzwischen mit Familie friedlich und glücklich in den USA, macht auf Kunst und verdient ordentlich. Sehr schön, wie er seine drei langjährigen Freunde dazu bewegt, ihre Köpfe mal so eben eingipsen zu lassen, damit er die Abdrücke der Leith Boys für eine Unsumme auf dem Weltmarkt verhökern kann. Doch während der Gips aushärtet, geht er ins Nebenzimmer telefonieren. Er vergisst seine Freunde, die zunehmend in Not geraten. „Spud“ bekommt durch die Strohhalme nicht genug Luft in seine Koks-verschnodderte Nase, so dass er blind und panisch gegen seine eingegipsten Kumpels knallt. Ein Highlight welches schon im Filmtrailer auftauchen dürfte. Irgendwann stirbt „Spud“ so ziemlich nebenbei, ohne dass das eine Kapitelüberschrift wert ist und für die Story viel bedeutet. Dafür heißt ein anderes Kapitel „Brexit“, ohne dass jemand eine Meinung zu irgendwas hat. Immer wieder viel Fickyfuckydrugyvollegal. Irvine Welsh lässt seine glorreichen Vier zum Pokalfinale zwischen den Rangers und den Hibs gehen, wo sie auf der VIP-Tribüne hocken. Es könnte nach 114 Jahren wieder mit einem Triumph klappen. Und siehe da, das rasante Spiel wurde 3-2 gewonnen. Dass die Fans des Underdogs den Platz stürmten und Feindkontakt hatten, hält Irvine mit nur wenigen Sätze fest. Wahrscheinlich saß er im Pub, während das britische Fernsehen die unschönen Bilder unterschlug. Immerhin ging das TV wieder auf Sendung als Spieler und Fans ihre Hymne Sunshine on Leith ziemlich beeindruckend sangen. Begbie wird beim Thema Gewalt nur einmal rückfällig, als er nachts auf der Straße zwei Streithähne ermahnt, sich nicht so softy zu prügeln, bis er beide niedermacht. Ein Kapitel, wie eine Vorahnung auf das eigentliche Finale. Wird Begbie seine Kumpels killen? Oder wenigsten die Geschäftsstelle der Rangers niederbrennen? Nichts dergleichen. Tote Hose. Egal. Der Film wird gut.

Zugabe: Mein Schottland-Wochenende, 2010.